***Warcraft - The Beginning***

wtb kritik
 
Autor: Alexander Friedrich
 
Die Entstehungsgeschichte von „Warcraft: The Beginning“ ist zugleich auch eine Leidensgeschichte, die länger gedauert hat, als einen Draenai auf Level 80 hoch zu grinden. Seit gut einem Jahrzehnt ist die Adaption der erfolgreichen „Warcraft“-Strategiespiele, welche 2005 durch das unfassbar erfolgreiche Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ ergänzt wurden, in Arbeit.
 
Nun ruhen nicht nur die Hoffnungen zahlreicher Fans auf Duncan Jones Fantasy-Epos, sondern auch die aller Cineasten, die sich fragen, ob „Warcraft“ endlich die Tradition bricht, das Leinwandadaptionen von Videospielen zugleich auch stets schlechte Filme bedeuten.
 
Und genau diese zwei Lager wird der Film spalten. Denn ob „Warcraft“ ein guter Film ist, hängt ganz davon ab, ob man mit der Marke und dem Universum etwas anfangen kann. Für Fans ist das Fantasy-Abenteuer eine pure Freude, da Jones die Vorlage extrem liebevoll und detailgetreu auf die Leinwand umgesetzt hat. Wer dagegen bislang noch keine persönlichen Erfahrungen mit WoW und Co. gemacht hat, steht in der überladenen Geschichte schnell im Regen und wird sich an den zahlreichen filmischen Schwächen und inhaltlichen Stolpersteinen stören.
 
Das Königreich Azeroth genießt den Frieden, bis sich plötzlich ein Portal öffnet, durch das zahlreiche Orcs strömen und die Heimat der Allianz bedroht. Denn die grünhäutigen Ungeheuer haben nach einem Krieg keine Heimat mehr und möchten nun die Welt der Menschen, Zwerge und Elfen für sich beanspruchen. Unter ihnen ist der Clan-Führer Durotan (Toby Kebbell), der statt eines Krieges mit den Menschen eine friedliche gemeinsame Lösung anstrebt.
 
Das ist auch das Ziel von Anduin Lothar (Travis Fimmel), Heerführer der Allianz und treuer Diener des Königs Llane (Dominic Cooper). Doch als die ersten Dialoge unglücklich in einem Gemetzel enden, da mehrere Orcs in Durutan einen Verräter sehen, wird Lothars Meinung auf eine Probe gestellt. Steht Azeroth nun ein Krieg gegen einen übermächtigen Feind bevor?
 
 
Eine schwere Geburt
 
Am Projekt „Warcraft-Der Film“ waren die Spiele-Entwickler Blizzard von Anfang an entscheidend beteiligt. So hatte die Schmiede der dreiteiligen legendären Spiele-Reihe stets das letzte Wort und konnte sich nie so Recht mit Sam Raimis Story-Entwurf anfreunden. Erst Regie-Talent Duncan Jones brachte die Produktion endlich entscheidend ins Rollen, als dieser die Handlung des ersten Warcraft-Teils „Orcs and Humans“ als Rahmen für die Verfilmung vorschlug, statt wie davor das Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ als Vorlage zu verwenden.
 
Folglich sollten die Orcs nicht als reine Antagonisten herhalten, sondern eine viel größere Rolle im Film einnehmen und ebenso viel Sympathie und Tiefe erlangen wie die Menschen. Denn schließlich konnte der Spieler auch anno 1994 in „Orcs and Humans“, wie der Name schon sagt, sich für eine der beiden Seiten entscheiden. Duncan Jones, der zuvor nur die kurzweiligen Independent-Filme „Moon“ und „Source Code“ inszeniert hat, mag nun im ersten Gedanken nicht der richtige Mann für ein großes Fantasy-Epos sein.
 
Das ist Warcraft!
 
Doch Jones ist bekennender Fan der Spiele und ein echter „World of Warcraft“-Veteran und genau das merkt man „Warcraft: The Beginning“ zu jeder Sekunde an. Die Welt Azeroth und ihre Bewohner, bekannte Schauplätze wie Sturmwind, Karazhan oder Eisenschmiede sowie jedes kleinste Detail, seien es Rüstungen, Verzierungen der Waffen oder die Gestaltung von Büchern und Zaubersprüchen – alles wurde in einem Detailgrad aus den Spielen genommen, wie es ihres Gleichen sucht.
 
Optisch ist Jones, seinem Kameramann Simon Duggan und dem Produktionsdesign etwas Außergewöhnliches gelungen. Hier merkt man nicht nur die kreative Beteiligung von Blizzard, sondern auch die Verbundenheit des Regisseurs zum Universum. Für jeden Warcraft-Fan wird es daher ein Hochgenuss sein, in diese Welt einzutauchen und so viel große wie kleine Dinge wiederzuerkennen.
 
„Warcraft“ liefert einen noch nie dagewesenen Fan-Service und zeigt, wie grandios Spiele-Umsetzungen, doch sein können, wenn man sich einfach mal respektvoll mit der Vorlage beschäftigt und sie nicht einfach nur als Mittel zu Zweck benutzt (Ja, „Doom“ und „Resident Evil“, Ihr seid gemeint!). Visuell und tonal ist Jones Werk bisher mit Abstand definitiv die gelungenste Videospielverfilmung.
 
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Nicht-Kenner müssen draußen bleiben
 
Doch gerade in diesem Fan-Service liegt auch eine große Schwäche im Werk, denn wer sich mit Warcraft (noch) nicht auskennt, wird gerade zu Beginn komplett vom Tempo der Erzählung überfordert. Jones gibt sich leider keine Mühe, Nichtkennern die Welt und all ihre Details wie Zaubersprüche, Völker und Städte heranzuführen. Stattdessen wird im Minutentakt der Schauplatz gewechselt und eine neue Figur eingeführt oder ein neuer Fachbegriff erwähnt, der Kenner freuen wird, für Neulinge allerdings nur Bahnhof bedeutet.
 
So schön diese Reise durch Azeroth auch ist, für einen eigenständigen Film ist diese gehetzte Erzählstruktur ein No Go und als solcher funktioniert „Warcraft“ dann leider auch nicht. Rein als cineastisches Werk betrachtet ist es sogar ein ziemlich schlechter Film. Das wird vor allem durch die überwiegend miesen Dialoge deutlich, die stets in Sachen Peinlichkeit um die Wette buhlen.
 
Oder an einigen krassen Fehlbesetzungen wie die des Zauberlehrlings Khadgar oder König Llane. Ben Schnetzer und Dominic Cooper kann man ihre Rollen leider einfach nie abnehmen. Auch alberne Momente der Marke „Der Hobbit 3“, die eigentlich eine gewisse Epik unterstreichen sollen, wie gemütliche Unterhaltungen mitten im Schlachtgetümmel versalzen die Story-Suppe noch weiter. Und Identifikationsfigur Lothar ist mit „Vikings“-Star Travis Fimmel zwar gut besetzt, will aber einfach nicht sympathisch sein.
 
Die Orcs dagegen überzeugen da schon deutlich mehr, denn so lebendig und visuell grandios umgesetzt, konnte man noch keine Grünhäute auf der Leinwand sehen. Gerade Jones Ansatz, den monströsen Gestalten mehr Menschlichkeit und eine eigene Geschichte zu verleihen, tut unheimlich gut.
 
In der Praxis werden diese dann zwar doch leider eher als funktionale Bösewichte dargestellt, trotzdem machen die Szenen mit der Horde wahnsinnig Spaß, da die per Motion Capture-Verfahren eingefangenen Schauspieler tolle Arbeit leisten und speziell den Kämpfen eine unglaubliche Wucht verleihen. Wenn die brutalen muskulösen Orcs sich gegenseitig auf den Putz hauen oder die Allianz mit bloßen Fäusten zermalmt, dann sieht das nicht nur toll aus, sondern lässt sich im Kinosessel förmlich spüren, so brachial und plastisch kommen diese Szenen daher. Gerade im imposanten 3D ist das enorm beeindruckend.
 
Es ist eben Popcorn-Kino
 
Was Duncan Jones auch bei seinen bisherigen Filmen beherrscht hat, ist die kurzweilige Erzählung. Und auch wenn der dritte Film des David Bowie-Sohns deutlich länger als die „Vorgänger“ geworden ist, kommt nach wie vor keine Langeweile auf dank einer eben unterhaltsamen Inszenierung. Die Geschichte als solche funktioniert auch glücklicherweise, als roter Faden sowieso. Als Fan kann man dann über all die stark konstruierten Ereignisse und Schicksale genauso hinwegsehen wie die ziemlich vorhersehbare Entwicklung der Handlung. Für Nicht-Kenner und Erbsenzähler dagegen sammelt der Film dann nur weitere Minuspunkte, im Vergleich mit „Der Hobbit“ und Co. Jedoch sind diese dramaturgischen Schwächen einfach nur normale Genre-Probleme.
 
Da stört viel mehr etwa das überladene wie unlogische Finale. Ohne etwas spoilern zu wollen: Statt das Geschehen auf eine Schlacht zu legen, wird noch gleichzeitig ein zweiter Schauplatz integriert, um die Spannung hochzutrieben. Beide Handlungsebenen bremsen sich gegenseitig jedoch völlig aus und wirken in ihrer Kreuz-Montage sehr unharmonisch. Und spätestens hier muss selbst der Fan ein paar Mal einstecken. Warum etwa kämpfen am Ende in der alles entscheidenden Schlacht nur die Menschen für die Allianz?
 
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Fazit
 
„Warcraft“ ist ein sehr ambivalenter Film, eigentlich sind hier gleich zwei verschiedene Filme entstanden. Welchen man davon im Kino sieht, hängt komplett vom Betrachter ab. Für den „Warcraft 3“-Spieler und „World of Wacraft“-Veteran etwa wird ein Traum wahr, erlebt er doch eine wundervolle Reise in ein perfekt filmgewordenes Azeroth. Und die Orcs, die Orcs! Die muss man einfach erlebt haben.
 
Den Cineast lassen all die Anspielungen und Verneigungen vor der Vorlage dagegen nicht nur kalt, er kann sich auch so gar nicht mit dieser Welt anfreunden, da er zu keiner Zeit in sie integriert wird. Der Nicht-Fan fühlt sich weder willkommen noch scheint er, der Erzählung folgen zu könne, bis er dann irgendwann die immensen Aussetzer der Geschichte erkennt und das simple Story-Konstrukt durchschaut.
 
Ach zwei Seelen, wohnen in meiner Brust. Als Verfasser dieser Zeilen kann ich mich zumindest nicht wirklich entscheiden, welchen Warcraft-Film ich nun gesehen habe. Fans kann ich den Kino-Besuch jedenfalls wirklich nur ans Herz legen, allen anderen kann ich davon allerdings nur abraten, denn bei aller Liebe, „Warcraft“ ist objektiv betrachtet leider nur unteres Mittelmaß.