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*** Der Spion ***

 
dfdh kritik
 
Autorin: Nadine Zeiler
 
Der Agentenfilm von Dominic Cooke setzt einen einfachen Geschäftsmann (Benedict Cumberbatch) zwischen die Fronten des kalten Krieges. Das klingt trocken und nach verstaubter Geschichte jedoch lohnt sich „Der Spion“ auch für weniger historisch Interessierte.
 
Der Kalte Krieg markierte die Anfangszeit des ernsthaften Spionagefilmes. Standen zuvor überzeichnete Helden wie James Bond im Mittelpunkt, verlagerte sich der Schwerpunkt in den 1960er Jahren zu realistischeren Auseinandersetzung mit den Geschehnissen dieser Zeit.
 
Die filmische Darstellung des unsichtbaren Lagerkampfes erfüllte das verbreitete Bedürfnis nach etwas Greifbaren, anstatt bloß der Vorstellung überlassen zu sein, was alles Schlimmes passieren könnte. An diese Tradition schließt Dominic Cooke mit „Der Spion“ an und liefert einem Agentenfilm, der neben einer anregenden Prämisse vor allem von der leidenschaftlichen schauspielerischen Leistung der Haupt- und Nebendarstellern lebt.
 
 
Zwischen zwei Welten
 
Moskau, 1962: Der sowjetische Offizier Oleg Penkowski (Merab Ninidze) versucht, zwischen dröhnenden Angriffstiraden des Regierungschefs der Sowjetunion Nikita Chruschtschow (Vladimir Chuprikov) und Hinrichtungen von vermeidlichen Verrätern Informationen über die atomare Aufrüstung an den Westen zu überbringen.
 
Auf der anderen Seite der Welt, in London, ist die größte Bedrohung im Alltag des Geschäftsmanns und Familienvaters Greville Wynne (Benedict Cumberbatch) einen Kunden mit einem zu guten Golfschlag zu verärgern. Als er einen Anruf vom Handelsministerium bekommt, wittert er seine Chance auf ein großes Geschäft. Doch schnell wird ihm klar, die Frau und der Mann, die ihm gegenüber sitzen, sind Vertreter der beiden größten westlichen Geheimdienste, der CIA und des MI6 und wollen Wynne als unauffälligen Mittelsmann zwischen Penkowski und den Regierungen der USA und Großbritannien einsetzen. Während die Welt mit der Kuba-Krise der Möglichkeit eines Atomkriegs ins Auge sieht, wird die kleine Welt von Wynne aus den Fugen gehoben und er findet sich als Bote geheimer, hochriskanter Informationen in Moskau wieder.
 
Fehlgeleitetes Rampenlicht
 
In klassischen Agentenfilmen zur Zeit des kalten Krieges waren sowjetische Agenten das Feindbild schlechthin. Mit dem Stereotyp räumt „Der Spion“ auf. Der Film ist ein Akt des Übersetzens der unsichtbaren Bedrohung, indem er willkürlich einen Bürger aus unseren Reihen nimmt und ihn ins kalte Wasser der Bedrohung, der Furcht um die Familie und des eigenen Lebens inmitten der internationalen Verstrickungen wirft.
 
01 ©2021 Liam Daniel Telepool02 ©2021 Liam Daniel Telepool03 ©2021 Liam Daniel Telepool04 ©2021 Liam Daniel Telepool
 
Ein nicht restlos gelungener Akt – die eigentliche Hauptperson des Films, Penkowski wird eher stiefmütterlich behandelt. Stattdessen ist Wynne im Fokus, der etwas langsame, etwas farblose Handlanger, der naiv in die Bedrohung tappt. Es ist ein bekannter Trick aus dem kleinen Drehbuch-ABC: Mach den Zusehenden die Reise erlebbar, indem jeder und jede sich mit dem Helden identifizieren kann, weil er aus ihren eigenen Reihen stammt, weil er so gewöhnlich ist. Damit machen es sich der Regisseur Cooke („Am Strand“) und der Drehbuchautor Tom O`Connor („The Killer’s Bodyguard“) jedoch zu leicht: Sie sprechen Rezipienten das Vermögen ab, sich in fremde Lebenswelten hineinzuversetzen.
 
Faszinierend wäre die Entwicklungsgeschichte von Penkowski gewesen. Was hat ihn zu dem mutigen Informanten gemacht, der letztlich wesentlich beigetragen hat, die Kuba-Krise vor Eskalation zu bewahren? Was geht in ihm vor, wenn er seine privilegierte Position als hochrangiger Offizier, die Sicherheit seiner Familie und schließlich seine eigene zu riskiert, um dem propagierten Feind, Informationen aus dem eigenen Lager zukommen zu lassen? Diese Perspektive einzunehmen fehlte es den Filmemachern an Mut. Die amerikanische Linse ist den Zusehenden schlussendlich vertrauter, dadurch mehrheitsfähig und nackten Zahlen betrachtet, wohl einfach gewinnbringender.
 
Es wird ums Leben gespielt
 
Dennoch ist der Film visuell ansprechend und glänzt im letzten Drittel durch die mitreißend-verzweifelte Darstellung von Cumberbatch. Die Bilder des Kameramanns Sean Bobbit (“Judas and the Black Messiah”, „12 Years a Slave”) brechen stellenweise mit Konventionen der Kadrierung, positionieren Figuren zentral, lassen Totalen fast schmerzlich lange stehen und schaffen es so, den überwiegend in Braun, Grau und dunkle Grüntone gehaltenen Film modern wirken zu lassen. Vor allem die Schauspielleistung der beiden Hauptdarsteller Cumberbatch („Sherlock“„The Imitation Game“, „Doctor Strange“) und Ninizde („Nowhere in Africa“, „Freud“) aber auch der Nebendarstellerin Rachel Brosnahan („The Marvelous Mrs. Maisel“, „House of Cards“) machen den Film zu einem kurzweiligen Erlebnis.
 
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Fazit
 
Wer nach einem actionreichen Spionagefilm à la James Bond und Bourne sucht, wird enttäuscht werden. Stattdessen bekommt man eine solide Story über Freundschaft und Identität mit einer glaubwürdigen Schauspielende und ein paar Happen Geschichtswissen für den nächsten Trivia-Abend.
 
 
 
 
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