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*** The King´s Man: The Beginning ***

 
dfdh kritik
 
Autor: Walter Hummer
 
Nach „Kingsman: The Secret Service“ (2014) und „Kingsman: The Golden Circle“ (2017) kommt nun mit mehr als einem Jahr Verspätung das Prequel in die Kinos. Und was hat die Origin-Story zu bieten?
 
Reputation is what people think of you. Character is what you are.
 
Der Duke of Oxford, sein afrikanischer Diener, der Sohn des Dukes und dessen Nanny kämpfen sich durch eine ziemlich durchgeknallte Tralala-Version des ersten Weltkriegs. Gavrilo Princip sieht zur rechten Zeit das richtige Auto vorbeifahren, Rasputin tanzt tödliches Ballett, Lenin löst ihn ab, Mata Hari verführt Präsident Wilson und irgendwo sehen wir auch noch Lord Kitchener, General Ludendorff und man mag gar nicht glauben, wo ein Mann mit Schnurrbart überall auftauchen kann …
 
Jedes Franchise bekommt früher oder später ein Prequel. Manche sind gelungen, wie z.B. „Roter Drache“ oder „Minions“, manche sind weniger gelungen, wie z.B. „Star Wars: Episode 1“ oder „Prometheus“. Und manche sind furchtbar, wie „Underworld – Aufstand der Lykaner“. (Als besonderen Service für die echte Filmfreaks nenne ich noch die beiden besten Prequels aller Zeiten: „The Good, the Bad and the Ugly“ und „Rogue One“. Zustimmung, Beifall aber auch Widerspruch darf gerne in den Kommentaren geäußert werden).
 
 
Ich würde „The King’s Man: The Beginning” gerne irgendwo zwischen diesen Beispielen einordnen. Aber dieser Film ist in jeder Hinsicht ein so heilloses Durcheinander, dass er sich fast jedem Vergleich entzieht. Die Handlung, die sich Autor Karl Gajdusek („Oblivion“) zusammen mit Co-Autor und Regisseur Matthew Vaughn („Kick-Ass“ und die beiden ersten „Kingsman“) aus den Fingern gesogen hat, ist einfach nur wirr zusammengewürfelt. Deshalb wussten die Macher sich auch nicht anders zu helfen, als sämtliche Regeln der Dramaturgie zu ignorieren. Auf einen kurzen Prolog folgt ein erster Akt der über eine Stunde dauert. Der zweite Akt dauert vielleicht zwanzig Minuten. Der dritte Akt dauert nicht viel länger. Und dann kommt ein zu langer Schluss, der natürlich eine Fortsetzung in Aussicht stellt.
 
Dabei verstecken sich in diesem Durcheinander jede Menge witzige und teilweise auch originelle Ideen. Kaum ein Film zuvor hat die Verwandtschaftsverhältnisse der Regenten Russlands, Großbritanniens und des Deutschen Reichs zu Beginn des ersten Weltkriegs so nachvollziehbar und pointiert verdeutlicht wie dieser. Eine Montage der ersten beiden Kriegsjahre ist ebenso ungewöhnlich wie unterhaltsam gestaltet und vermittelt doch einen Eindruck, was während dieser Zeit in Europa passiert ist.
 
Aber irgendwie bieten uns die Macher des Films gleichzeitig zu viel und zu wenig Handlung. Einerseits haben wir immer wieder lange Dialogszenen, in denen ganz viel erläutert wird. Ein junger Mann will kämpfen, darf aber nicht. Dann darf er, aber später doch wieder nicht. Die Protagonisten sind viel unterwegs. Es müssen Nachrichten überbracht, potentielle Verbündete überredet und andere Missionen erfüllt werden. Irgendwann fragt man sich aus Langeweile, wie einfach internationale Reisen während des ersten Weltkriegs wohl tatsächlich waren.
 
02 ©2020 Twentieth Century Fox03 ©2020 Twentieth Century Fox04 ©2020 Twentieth Century Fox05 ©2020 Twentieth Century Fox
 
Denn der Film hat solche Längen, das man sich noch während des Films damit beschäftigt, was alles nicht stimmt. Wenn eines der Haupthandlungselemente die Verführung eines Präsidenten durch eine Spionin ist, sollte dann die Figur der Spionin nicht auch irgendwie verführerisch wirken? Wenigstens in einer Szene? Warum sehe ich die Marke des Automobils in Sarajevo so deutlich, wenn es dann die falsche ist? Was macht der Kaiser in Neuschwanstein? Wo sind die Pferde vor der Kutsche geblieben? Und wann bekommt Gemma Arterton endlich was zu tun? Solche und ähnliche Fragen stellt man sich, weil auf der Leinwand irgendwie einfach zu wenig passiert, dafür dass während Laufzeit des Films so viel passiert.
 
Wenn dann mal etwas passiert, sind die Action-Szenen teilweise großartig inszeniert. Seit „V for Vendetta“ wurde Tschaikowskys Ouvertüre 1812 nicht mehr so genial eingesetzt wie hier bei einem Schwertkampf mit einem übermenschlich agilen Gegner. Ein unglücklicher Fallschirmsprung ist ebenso aufregend wie witzig gestaltet. Und ein stiller Kampf zwischen den Schützengräben ist spannend, gerade weil er eine originelle Abwechslung vom Dauerfeuer der Schusswaffen bildet.
 
Andere Actionsequenzen wirken wieder sehr generisch. Irgendwann sind einfach zu viele Schüsse abgefeuert worden, als dass die ganze Ballerei noch spannend wirken könnte. Und nachdem eine Hauptfigur erschossen wurde, wissen wir einfach, es wird schon keine weitere mehr draufgehen. Wenn dann einer der Helden über vereiste Bergklippen klettert, sieht das leider nicht besonders realistisch aus und ist auch noch ungeschickt geschnitten. Und warum bitteschön bekommt Gemma Arterton nicht mehr zu tun?
 
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Sowohl Teil Eins als auch Zwei der Serie haben köstliche Variationen der alten „Held-muss-oder-darf-fürs-Vaterland-Sex-haben“-Nummer gezeigt. Ähnliches bietet auch das Prequel, wenn der Herzog für die Mission die Hosen runterlassen muss. Dieser und andere Gags sind wirklich witzig, andere fallen nicht ganz so unterhaltsam aus. Einige Scherze, wie die Rache eines Ziegenbocks, wirken zu konstruiert und funktionieren daher gar nicht richtig. Auch die Schlusspointe während des Abspanns wäre sehr viel witziger gewesen, hätte man sie nicht so ausführlich erläutert. Kein Witz wird lustiger, wenn man ihn erklärt.
 
Refined but brutal, civilized but merciless
 
Ralph Fiennes kann fast alles spielen, mit und ohne Nase. Aber er hat ein gewisses Charisma, das am besten in historischen Settings zur Wirkung kommt. Daher war er auch so großartig in Filmen wie „Schindlers Liste“, „Quiz Show“ oder „Der englische Patient“. In den letzten Bond-Filmen war er der aktivste „M“, den die Serie je hatte. In „The King’s Man: The Beginning” spielt er eine Art frühen James Bond, bevor er zu „M“ wird und man kann sich kaum einen geeigneteren Darsteller vorstellen. In den dramatischen Szenen wirkt Fiennes immer authentisch und in den Action-Szenen kann der Endfünfziger durchaus auch überzeugen.
 
Der Rest der Besetzung hätte die größte Stärke des Films bilden können, wenn man sie nur richtig eingesetzt hätte. Gemma Arterton hat oft genug bewiesen, welche Ausstrahlung sie in mittelmäßigen Filmen zeigen kann („Prince of Persia“, „Hänsel & Gretel: Hexenjäger“). Hier wird diese Ausstrahlung in einigen wenigen Szenen verschwendet.
 
Djimon Hounsou („Blood Diamond“, „Genauso anders wie ich“) gibt den afrikanischen Diener des Herzogs. Auch für ihn kann man nur hoffen, seine Figur bekommt in den Fortsetzungen mehr zu tun.
 
Der noch recht unbekannte Harris Dickinson („Maleficent: Mächte der Finsternis“) spielt den Adelsspross, der unbedingt helfen will, mit unschuldigem Charme und vollem Körpereinsatz.
 
Matthew Goode („Watchmen“) spielt in der ersten Hälfte des Films ein Klischee und in der zweiten Hälfte des Films ein anderes Klischee. Beides funktioniert so halbwegs. Den großen Charles Dance („Last Action Hero“, „The Crown“) sehen wir in einer Rolle, wie er sie so oder so ähnlich bereits so oft gespielt hat, dass er sie mittlerweile im Schlaf spielen könnte.
 
Ein witziges Detail ist Tom Hollanders („Hanna“) Besetzung in einer Dreifachrolle als George V., Wilhelm II. und Nikolaus II. Als britischer König wirkt er würdevoll aber langweilig. Als Kaiser darf er seinem Affen Zucker geben.
 
Am Theater nennt man Darsteller*innen, die besonders dick auftragen und ihren Kolleg*innen die Show stehlen „Rampensau“. Im Englischen gibt es dafür den Begriff „chewing the scenery“. Rhys Ifans („The Amazing Spider-Man“, „Mr. Nice“) kaut in der Rolle des Rasputin nicht nur an der Kulisse, er schluckt sie runter, verdaut sie und suhlt sich darin.
 
Neben einer solchen Performance verblassen kurze Auftritte von so unterschiedlichen Stars wie Stanley Tucci, Aaron Taylor-Johnson, Daniel Brühl und David Kross, die vielleicht oder auch nicht alle erst in der Fortsetzung richtig eingesetzt werden sollen.
 
Fazit
 
Und wieder ein Prequel, das weitere Fortsetzungen bekommen soll. Man kann nur hoffen, dass der nächste Beitrag zur Serie nicht ganz so durcheinander gerät und Handlung, Action und die Leistungen der Darsteller besser zu einem sinnvollen Ganzen kombinieren kann.
 
 
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