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*** 1917 ***

ouatih kritik

Autor: Peter Osteried
 
Sam Mendes wollte seinen Kriegsfilm ganz bewusst von allen anderen abheben. Ihm schwebte ein Film vor, der in einer durchgehenden Einstellung gedreht ist. Dafür muss man natürlich tricksen, die Illusion ist aber gegeben und sorgt dafür, dass man als Zuschauer noch direkter ins Geschehen hineingezogen wird.
 
Fortlaufend
 
Es ist der April 1917: Briten und Deutsche stehen sich im Grabenkampf gegenüber. Dann jedoch ziehen sich die Deutschen mehrere Kilometer zurück. Das lässt einen britischen Befehlshaber glauben, dass der Feind flieht und man ihm nachsetzen muss. Aber das Oberkommando hat erfahren, dass die Deutschen eine Falle vorbereiten, die zuschnappt, wenn die Briten angreifen. Es würde in einem Massaker enden. Allerdings sind die Kommunikationswege unterbrochen, weswegen man zwei junge Soldaten losschickt, die gegen die Zeit anrennen und vor Morgengrauen die Truppe erreichen müssen, um den Befehl zu überbringen, dass der Angriff abgeblasen ist.
 
Für einen der beiden Soldaten steht auch persönlich etwas auf dem Spiel. Denn sein Bruder dient auch in dem Regiment, das den Angriff führen wird. Die zwei Freunde machen sich also auf, das Unmögliche zu schaffen, aber haben sie überhaupt eine Chance?
 
 
Das sich bewegende Bild
 
Film ist Bewegung, Bild für Bild, 24-mal in der Sekunde. So erwachen Geschichten zum Leben. Selten gab es Filme, die das Element der Bewegung so sehr verinnerlicht haben wie 1917. In jüngster Zeit fällt da nur MAD MAX: FURY ROAD ein. 1917 geht in gewisser Weise aber noch weiter, weil das Drehen in einer Einstellung auch mit einer ganzen Reihe an Schwierigkeiten einherging.
 
Mit Roger Deakins hatte Sam Mendes einen der besten Kameramänner der Welt an seiner Seite. Beide entwickelten das System, mit dem hier gefilmt wurde. Die Kamera wird an einem Drahtseil befestigt und vom Kameramann bewegt, ein- und ausgehakt, wie es notwendig ist. Der Kameramann springt mit ihr auf ein Fahrzeug, er läuft neben den Protagonisten einher, er ist immer dabei und der Zuschauer mittendrin.
 
Damit bietet der Film etwas, was man in dieser Form praktisch nie hat: Er funktioniert auf 360 Grad. Die Kamera ist immer in Bewegung, sie muss ebenso wie die Figuren in alle Richtungen gehen und blicken können. Damit einher geht, dass die übliche Art der Beleuchtung hier außenvorbleiben musste. Stattdessen musste man auf natürliches Licht setzen, zugleich musste man aber auch auf das Wetter achten. Denn der Film wurde chronologisch gedreht. Wenn es eine Szene mit Wolken gab, musste die nächste auch zwangsläufig einen bewölkten Himmel haben.
 
Damit erreicht 1917 eine Authentizität, die mitreißend ist, wirkt das Ganze doch wie eine VR-Welt, durch die man als Zuschauer läuft.
 
01 ©2020 Universal Pictures02 ©2020 Universal Pictures03 ©2020 Universal Pictures04 ©2020 Universal Pictures
 
Technisch brillant, emotional packend
 
Der Film ist aber nicht nur in technischer Hinsicht bemerkenswert, er erzählt auch eine rasante Geschichte, deren Dringlichkeit den Zuschauer ebenso erfasst wie die Protagonisten. Es werden die Gräuel des Grabenkampfs und des Kriegs an sich gezeigt, aber 1917 erlaubt sich ganz kurze Momente des Zur-Ruhe-Kommens, die gepaart sind mit subtilen Gesten der Menschlichkeit. Das ist exzellent geschrieben, aber auch hervorragend gespielt.
 
Neben den beiden Hauptdarstellern, die eher unbekannt sind, agiert hier eine Reihe von bekannten Mimen in sehr kleinen Rollen. So begegnet man aber Benedict Cumberbatch, Mark Strong, Colin Firth, Andrew Scott und Richard Madden.
 
Fazit
 
1917 ist ein technisch imposanter Film, der den Krieg für das Publikum so erlebbar werden lässt wie selten zuvor. Man fühlt sich an die Erstürmung der Normandie in DER SOLDAT JAMES RYAN erinnert, nur dass 1917 noch intensiver wirkt, weil er den Zuschauer praktisch zur dritten Person macht, die mit den beiden anderen unterwegs ist.
 
Sam Mendes hat mit seinem neuesten Werk einen der besten Kriegsfilme überhaupt abgeliefert, der inhaltlich packend und technisch brillant ist. Es wäre sehr überraschend, wenn 1917 bei der Oscar-Verleihung 2020 nicht einer der ganz großen Favoriten wäre. Zwei Golden Globes in den Kategorien Bester Film und Beste Regie konnte der Film bereits für sich beanspruchen.
 
 
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