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Kritik: Das fliegende Klassenzimmer

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Autor: Max Wrede
 
Erich Kästner zählt zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern. Populär machten ihn vor allem seine Kinderbücher. Und eines davon darf jetzt in einer „frischen“ Überarbeitung erneut über die Leinwände flimmern. Aber ist dies nach drei Verfilmungen überhaupt notwendig gewesen?
 
Klare Antwort: Ja, war es tatsächlich! Denn der schwedischen Regisseurin Carolina Hellsgard (u.a, Endzeit, Wanja) ist es gelungen, die tragenden Elemente von Kästners Roman in eine zeitgenössische Geschichte zu packen. Aber gleichzeitig dessen ursprünglichen Spirit nicht außen vor zu lassen.
 
Von der Literatur zum Film
 
Der Roman von Kästner beginnt eigentlich mit einer Rahmenhandlung, in welcher der Autor selbst als Figur eingebunden ist. Und beschreibt, wie er beschließt, in seinem Sommer-Urlaub im oberbayrischen Grainau eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben. Dieser Roman soll von Gymnasiasten eines Internats kurz vor den Weihnachtsferien handeln. Die Hauptpersonen sind fünf befreundete Internatsschüler, die für die nahende Weihnachtsfeier ihr Theaterstück DAS FLIEGENDE KLASSENZIMMER proben und die Vorweihnachtszeit auf unterschiedliche Weise erleben.
 
 
Danach folgen mehrere Episoden. Eine handelt von einer Entführung, einer Mutprobe und zwei rivalisierenden Schüler-Cliquen. Weitere Episoden thematisieren die Proben für das Theaterstück. Am Ende wird die Rahmenhandlung wieder aufgegriffen und der Autor erzählt, wie er zwei Jahre später in Berlin (in der ersten Verfilmung im Münchner Hofgarten) mit Johnny Trotz und seinem Adoptivvater zusammentrifft.
 
Insgesamt gab es bisher drei Verfilmungen. Die erste Version aus dem Jahre 1954 ist dabei am nächsten an der Vorlage. Die zweite Umsetzung aus dem Jahr 1973 konzentrierte sich auf die Vorgeschichte. Und die dritte Version aus dem Jahr 2003 hatte nur noch den Titel mit Kästners Werk gemeinsam. Für den aktuellen Film wurde die Rahmenhandlung ebenfalls weggelassen. Und erneut nur die Kernelemente verwendet. Erzählt aber dafür im Sinne der Vorlage mit jungen, motivierten Darstellern, viel Herzenswärme, sowie zahlreichen Werten und Botschaften, die uns mit auf den Weg gegeben werden.
 
Von Freude und Mut
 
Und darum geht es: Die 13jährige selbstbewusste Teenagerin Marla (Leni Deschner) bekommt die Chance auf ein Stipendium für das begehrte Südtiroler Johann-Sigismund-Gymnasium. Und freundet sich dort mit der taffen Jo (Lovena Börschmann Ziegler), dem Gutmütigen Matze (Morten Völlger) und dem kleinen Uli (Wanja Valentin Kube) an.
 
Doch an der Schule tobt ein Machtkampf zwischen den Stadtkindern des Internats, den internen, sowie den Externen aus dem ländlichen Ort. Ein Umstand, den Rektor Justus Bökh (Tom Schilling) gerne ändern möchte. Deshalb schlägt er vor, dass die externen und internen Schülerinnen das gleichnamige Theaterstück in diesem Schuljahr gemeinsam inszenieren sollen. Doch weil beide Parteien daran zunächst trotzdem nicht zusammenarbeiten wollen, beschließen Marla und ihre Freunde dieses als Film auf eigene Faust zu realisieren.
 
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Bis Jo plötzlich von Ruda (Franka Roche), der Anführerin der Externen entführt wird. Sowie alle bisher gedrehten Aufnahmen auf deren Handy löscht. Und die Situation eskaliert! Ob eventuell der geheimnisvolle Aussteiger, genannt Nichtraucher (Trystan Pütter), der in einem ausrangiertem Eisenbahnwaggon lebt, dazu beitragen kann, dass bald wieder Frieden herrscht?
 
Mit Träumen kann man fliegen
 
Was bei dieser Verfilmung ganz besonders positiv auffällt ist, neben der Eingangs bereits erwähnten warmherzigen Story, die Besetzung. Die Kinderdarsteller agieren alle sehr professionell, natürlich und reflektiert. Nichts wurde übertrieben inszeniert. Man vergisst teilweise sogar, dass es sich um Kinder anstelle von Erwachsenen handelt. Mit Dialogen im Sinne der Handlung und nicht, wie oft bei Kinderfilmen, angereichert durch Floskeln oder Klamauk, welche nichts zum Handlungsverlauf beitragen.
 
Generell schlägt der Film zudem eher leise Töne an. Erzählt in wunderschönen, ruhigen Bildern, sowie einer dramaturgisch dichten Handlung, ohne Längen. In Hellsgards Version geht es dabei vor allem um Werte, Wärme und Träume, die man bis ins Erwachsenenalter beibehalten sollte. Etwas, dass ohne erhobenen Zeigefinger vermittelt wird. Lediglich eine „Kampfszene“ zwischen den Rivalen am Strand bricht aus diesem Schema etwas aus. Denn diese ist ein klein wenig zu episch und nicht ganz im Sinne des Jugendschutzes geraten.
 
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Perfekte Besetzung
 
Großer Wert wurde ebenfalls auf die Besetzung des Films gelegt. Dabei darf man sich bei den erwachsenen Darstellern vor allem auf Tom Schilling (u.a. Fabian oder Der Gang vor die Hunde, Werk ohne Autor, TKKG) als Rektor Justus Bökh freuen. Schilling spielt diesen mit seiner gewohnten souveränen, ruhigen Art. Kein anderer hätte diese Rolle derart passend verkörpern können wie er.
 
An seiner Seite ist Trystan Pütter (u.a. Kudamm 69, JGA), als sein ehemaliger Schulfreund Robert zu sehen. Eigentlich in einer Doppelrolle. Denn Pütter führt ebenfalls als Erzähler durch die Geschichte.
 
Desweiteren darf Hannah Herzsprung (u.a. Der Brandner Kaspar) als Schuldirektorin Kreuzkamm zeigen, wie schräg sie sein kann. Etwas, das zu übertrieben dargestellt, die feinfühlige Erzählung der Geschichte zunichte gemacht hätte. Ein Spagat, der ihr zum Glück sehr gut gelungen ist.
 
Jordis Triebel (u.a. Babylon Berlin) hat leider nur zwei sehr kurze Auftritte als Mutter von Marla. Von ihr hätte man zwar sehr gerne mehr gesehen, aber das wäre natürlich in diesem Handlungsrahmen nicht möglich gewesen.
 
Fazit
 
Bei das DAS FLIEGENDE KLASSENZIMMER erwartet uns eine wunderschöne, zeitgemäße Neuinterpretierung der bekannten Romanvorlage von Erich Kästner. Ein Film, der ans Herz geht, über Träume, Werte und das Mensch-sein. Ganz im Sinne von Erich Kästner.
 
 
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